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Monat: September 2018

„Dieses merkwürdige Etwas, das wir Leben nennen“

Das Künstlerehepaar Heike Kehl und Okko Herlyn näherte sich bei einem Kabarettabend im Dathenushaus dem „merkwürdigen Etwas, das wir Leben nennen“. Dazu eingeladen hatte der Protestantische Diakonissenverein Frankenthal. Die erste Erkenntnis: „SO ODER SO“ ist das Leben, so wie das Meer mit dem ewigen Wechsel von Ebbe und Flut. Wenn man „meint, es im Griff zu haben, flutscht es einem durch die Finger“. Manchmal kommt es eben doch ganz anders…

Gibt es das also nicht, das ungetrübte Glück? Doch, sagen Heike Kehl und Okko Herlyn, manchmal kommt es zu einem wie ein Traum und sie meinen damit die Liebe. Noch ist die Liebe nicht restlos erforscht, sagen die beiden mit Verweis auf Heinrich Heine („Was Prügel sind, das weiß man schon, was Liebe ist, hat man noch nicht herausgefunden“). Die Chansons, die Heike Kehl, begleitet von ihrem Mann am Keyboard, singt, sind aber Kommentar genug. So konnte sich das Publikum freuen an „Birdland“, „Just the two of us“, „Ganz Paris träumt von der Liebe“ oder „Für mich soll’s rote Rosen regnen“. Die Besucher gingen begeistert mit und applaudierten nach jedem Lied.

Mitreißend auch die Szene aus einer Zweierbeziehung, bei der die Frage „Steht mir das Kleid?“ zu Verwicklungen führt und so unbeantwortet bleibt. Stattdessen gehen Kehl und Herlyn auf Spurensuche, was Männer und Frauen wirklich wünschen. Es stellt sich heraus: Die Liste der geheimsten Sehnsüchte der Männer wird von „Lass mich dein Badewasser schlürfen“ angeführt, von Okko Herlyn meisterhaft interpretiert. Bei den Frauen gibt es die klare Devise „Ich will keine Schokolade, ich will lieber einen Mann“. Das Fazit: Es ist schwer, das Leben zu zweit, nur eins ist schwerer, alleine zu sein.

Zum Leben gehören auch die Schattenseiten, „wie Mayo zu Pommes“, sagt Okko Herlyn. Ungeachtet aller Miseren: Das Leben will gelebt sein. Zwei Zeilen der großen Dichterin Mascha Kaléko – „Wir haben nur diese Zeit“ und „Kein Morgen bringt das Heute uns zurück“ – schreibt Herlyn uns dazu ins Stammbuch. Wer sich trotzdem fragt, ob das alles ist, sollte Herlyns Rat beherzigen: „Da muss noch Leben ins Leben!“ Einfach, wie Herlyn sagt, noch ein paar eckige Runden drehen, bevor es zu Ende ist.

Am Ende von „SO ODER SO“ steht eine doppelte Botschaft: Einmal die Aufmerksamkeit für das Leid der Mitmenschen und der Schöpfung. „Bedenkt, dass ihr auch Wasser habt und Brot“ und „Dem einen sieht man’s an, dem anderen nicht“, erinnert uns Herlyn an Worte von Hanns Dieter Hüsch. Das andere: Die Frage „Sollen wir die Welt lieben?“ beantworten Kehl und Herlyn mit „Wir wollen’s versuchen“. Den Grund dafür benennt das letzte Lied: »And I think to myself: What a wonderful world” von Louis Armstrong. So endet ein schwungvoller, mitreißender, komischer, tiefsinniger und nie langweiliger Kabarettabend.