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Kategorie: Demenz

Ein bewegendes Theaterstück über Demenz

»Ich komponiere, ich dirigiere, ich bereite alles gewissenhaft vor« – Herr M. ist Dirigent, er geht in der Musik auf, er liebt ihre Farben und Schattierungen. Thomas Borggrefe, Theologe und Schauspieler, verkörpert Herrn M. in seinem Stück »Dachstube«. Am 15. März führte er es auf Einladung des Protestantischen Diakonissenvereins in Frankenthal auf. 120 Besucher erlebten mit, wie Herr M. mit dem Vergessen kämpft. »Wo ist meine Uhr? Ich kann hier nichts liegen lassen, alles ist durcheinander!« Zunehmend bekommt er Schwierigkeiten. Er sieht sie mit Humor: »Manchmal komme ich mit fünf Pfund Kaffee nachhause, aber Kaffee ist gut für die Durchblutung.«

Konzerte kann er schon lange keine mehr geben, aber die Erinnerung daran hält ihn aufrecht. Er benötigt Pflege – »Wer ist diese Frau, sie kommt morgens in mein Zimmer und beginnt mich zu waschen, ich will das nicht! Ich kann das alles noch alleine!« – und gleichzeitig bereitet er das nächste Konzert vor: »In drei Tagen ist die Premiere!« Er bemerkt: »Sie können da oben nicht mehr richtig zusammenarbeiten, Alzheimer macht alles kaputt!« Zu seinem Sohn sagt er: »Haben Sie Paul gesehen?« – »Ich bin Paul.« – »Das kann nicht sein, Paul ist ein zehnjähriger Junge.« – »Papa, Paul aus der Erinnerung ist erwachsen geworden…«

Herr M. bleibt Dirigent bis zuletzt, er lebt in und mit einer Welt aus Tönen. Er bittet uns: »Bitte sagt nicht mehr, Herr M., unser berühmter Dirigent, das war er einmal. Ich habe ihn noch, da oben.« Im Nachgespräch läßt Thomas Borggrefe das Publikum an seiner dreißigjährigen Erfahrung mit Menschen mit Demenz teilhaben. Aus seiner Arbeit als Seelsorger im Altenheim berichtet er, wie feinfühlig Menschen mit Demenz auf der emotionalen Ebene reagieren. Mit seinen Theaterstücken – »Dachstube« ist sein viertes Stück über Demenz – will er verdeutlichen, dass Menschen mit Demenz vor allem eines sind: Menschen. Sie brauchen auch in ihrer komplizierter gewordenen Welt unsere Zuwendung und unsere Einfühlung in die andere Art, wie sie mit uns in Kontakt treten. Thomas Borggrefe läßt es Herrn M. so ausdrücken: »Wenn Sie und ich es zusammen nicht mehr wissen, das ist für mich ein Trost.«